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Filmbühne Torgau: Was das Kino zum 40. Jahrestag der Befreiung zeigte

Im Frühjahr 1985 erinnerte die DDR an das Kriegsende 1945. Auch die Torgauer „Filmbühne“ machte mit. Am 26. April 2025 führt das Kino in der „Kulturbastion“ die Tradition fort.

Am 27. März 1985 berichtet der „Lokalreporter“ – eine Rubrik auf der Torgau-Seite der Leipziger Volkszeitung – über einen „‚Kleinen’ mit großer Aussage“: Der Redakteur meint damit einen rosafarbenen, unscheinbaren Handzettel der „Filmbühne“: etwa 20 mal 20 Zentimeter groß. Das Torgauer Kino hat darauf das Filmprogramm zum 40. Jahrestag der Befreiung abgedruckt.

Der Grund: Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg in Europa. Die deutsche Wehrmacht kapitulierte bedingungslos. Der Hitlerfaschismus war besiegt. Die DDR feierte später den 8. Mai als „Tag der Befreiung“. Er war von 1950 bis einschließlich 1966 sogar ein gesetzlicher Feiertag – also ein arbeitsfreier Tag. Danach nur noch ein regulärer Gedenktag.

Allerdings mit einer Ausnahme: Am 8. Mai 1985 – zum 40. Jahrestag – ist er nochmals arbeitsfrei. Da er auf einen Mittwoch (und nicht aufs Wochenende) fällt, freut man sich doppelt darauf.

„Filmbühne“ erinnert an die Befreiung

Das Torgauer Kino möchte dieses Datum würdigen, aber auch schon den 25. April 1945: den Tag, an dem sowjetische und US-amerikanische Soldaten an der zerstörten Elbbrücke in Torgau zusammentrafen. Dieser „Tag der Begegnung“ ist zwar 1985 kein Feiertag, dennoch wird er außerordentlich groß in Torgau begangen. Kriegsveteranen kommen. Das Fernsehen ist da. Ganz Torgau ist auf den Beinen.

Dagegen nimmt sich das Kinoprogramm der „Filmbühne“ für den April und Mai 1985 fast ein wenig überschaubar aus. Dennoch sind es drei bemerkenswerte Produktionen, die auf dem Handzettel erwähnt werden und auch das Kinojahr 1985 prägen.

Doku-Film „Das Jahr 1945“ von Karl Gass

Zum einen der 90-minütige DEFA-Film „Das Jahr 1945“ (DDR 1985) von Karl Gass (1917–2009) – einem der bedeutendsten DDR-Filmemacher. Die Dokumentation erzählt eindringlich über die letzten 128 Kriegstage in Deutschland und Europa (darunter die Begegnung in Torgau) bis zu den ersten Friedenstagen im Juni 1945.

Das Jahr 1945 (DDR 1985): Der Dokumentarfilm ist auf DVD erschienen / © Icestorm Entertainment
Das Jahr 1945 (DDR 1985): Der Dokumentarfilm ist auf DVD erschienen / © Icestorm Entertainment

Als „die größte Entdeckung bei dieser Arbeit“ nennt Gass „die Wiederentdeckung des Alltags der Kriegsgeneration“ und hofft, „daß sich gerade das dem Zuschauer mitteilen wird“ (Ullrich 1985, S. 4). Der Film startet am 29. März 1985 DDR-weit in den Kinos und wird am 9. und 11. April in der „Filmbühne“ gezeigt.

„Marschall Shukow – Porträt des bedeutenden Heerführers“ (UdSSR 1984) heißt ein zweiter, diesmal sowjetischer Dokumentarfilm, der in Torgau anläuft (13.–16. Mai 1985).

„Marschall Shukow“ im Fernsehen und Kino

Schukow (1896–1974) ist mit Abstand der bekannteste General des Zweiten Weltkriegs auf Seiten der Roten Armee: Er verteidigte Moskau und siegte in den Schlachten um Stalingrad und Berlin. Die Regisseurin Marina Babak setzt dem „Helden der Sowjetunion“ ein filmisches, 85-minütiges Denkmal. Es startet bereits am 11. Januar 1985 in den DDR-Kinos.

„Marschall Shukow“ soll im ersten Halbjahr 1985 zu den publikumsstärksten sowjetischen Filmen in der DDR gehören (über eine halbe Million Zuschauer). Ob diese Zahl vor allem durch staatlich gelenkte Filmbesuche (in der Schulklasse, Brigade etc.) zustande kommt, bleibt offen.

Mitunter muss er auch erfolgreich sein, denn die DDR-Kinopremiere am 12. Dezember 1984 fand im Beisein von SED-Chef Erich Honecker im Berliner Filmtheater „Kosmos“ statt. Am selben Tag wurde das Porträt um 20 Uhr zudem im DDR-Fernsehen gezeigt. Die Medien berichteten ausführlich.

„Aufklärer im Einsatz“ – packendes Kriegsdrama

Ähnlich gut besucht im Kino (zweitbester sowjetischer Film im ersten Halbjahr 1985), soll auch der dritte gewesen sein, der zum 40. Jahrestag der Befreiung in Torgau gezeigt wird (13.–16. Mai 1985): Es ist der sowjetische Spielfilm „Aufklärer im Einsatz“ (UdSSR 1983, DDR-Kinostart: 22.2.1985).

Aufklärer im Einsatz (UdSSR 1983): Der Film läuft im DDR-Fernsehen mit dem Titel "Im vierten Jahr des Krieges" / Quelle: Fernsehen der DDR
Aufklärer im Einsatz (UdSSR 1983): Der Film läuft im DDR-Fernsehen mit dem Titel „Im vierten Jahr des Krieges“ / Quelle: Fernsehen der DDR

Die Geschichte um eine Kundschaftergruppe der Roten Armee – in der Regie von Georgi Nikolajenko – spielt ebenso im Zweiten Weltkrieg. Ljudmila Saweljewa („Krieg und Frieden“, 1966/67, UdSSR) übernimmt darin die Hauptrolle einer mutigen Dolmetscherin.

„Joe Polowsky – Ein amerikanischer Träumer“

Jetzt – zum 80. Jahrestag der Begegnung an der Elbe – führt die Kulturbastion Torgau (Straße der Jugend 14B) die vor 40 Jahren begonnene Tradition der „Filmbühne“ fort: Das Kino zeigt am Samstag, den 26. April 2025 (13, 14.30, 16 Uhr) die Dokumentation „Joe Polowsky – Ein amerikanischer Träumer“ (BRD 1986). Polowsky (1916–1983) gehörte zu den Soldaten der US-Army, die mit Soldaten der Roten Armee zusammentrafen.

Joe Polowsky – Ein amerikanischer Träumer (BRD 1986): Sein Grab befindet sich auf dem Torgauer Friedhof (Aufnahme: 4.9.2016) / Quelle: S. John, Elsterwerda/Wikimedia Commons
Joe Polowsky – Ein amerikanischer Träumer (BRD 1986): Sein Grab befindet sich auf dem Torgauer Friedhof (Aufnahme: 4.9.2016) / Quelle: S. John, Elsterwerda/Wikimedia Commons

Regisseur Wolfgang Pfeiffer erzählt darin über eine besondere sowjetisch-amerikanische Freundschaft, die am 25. April 1945 in Torgau begann. Der Eintritt ist frei.

Ebenso am Samstag, den 26. April 2025 (19 Uhr) zeigt das Kino in der Kulturbastion den Spielfilm „Die Fotografin“ (GB 2023). Darin geht es um das Leben der Kriegsfotografin Lee Miller (1907–1977), von Kate Winslet gespielt. Mit Eintritt.

Besonderer Dank für die Unterstützung während der Recherche ans Stadtarchiv Torgau sowie an die Deutsche Fotothek (Dresden) für die Genehmigung der Fotonutzung (Filmbühne).

Filme:

  • „Das Jahr 1945“ (DDR, 1985, R: Karl Gass)
  • „Marschall Shukow – Porträt des bedeutenden Heerführers“ (UdSSR, 1984, R: Marina Babak)
  • „Aufklärer im Einsatz“ (UdSSR, 1983, R: Georgi Nikolajenko)
  • „Joe Polowsky – Ein amerikanischer Träumer“ (BRD, 1986, R: Wolfgang Pfeiffer)
  • „Die Fotografin“ (GB, 2023, R: Ellen Kuras)

Verwendete Quellen:

  • [o. A.]: Bewegender Film über Marschall Georgi Shukow. Erich Honecker und weitere Mitglieder der Partei- und Staatsführung bei der Premiere. In: Berliner Zeitung 40 (1984), Nr. 294, 12.12.1984, S. 1f.
  • [o. A.]: „Kleiner“ mit großer Aussage. Ihr Lokalreporter. In: Leipziger Volkszeitung 41 (1985), 27.3.1985, S. 8 (Aus dem Kreis Torgau).
  • [o. A.]: Sowjetische Filme fanden viel Resonanz in der DDR. In: Neues Deutschland 40 (1985), Nr. 160, 11.7.1985, S. 4.
  • Ullrich, Helmut: Das Ende des Krieges – der Anfang des Friedens. Über den DEFA-Dokumentarfilm „Das Jahr 1945“. In: Neue Zeit 41 (1985), Nr. 75, 29.3.1985, S. 4.


Headerfoto: Filmbühne Torgau (Aufnahme: 1999) / © Deutsche Fotothek/Siegfried Bregulla

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