Sie steht zum Verkauf: die „Filmbühne“ in Torgau. Zwar gibt es Interesse von Investoren, doch bislang hat sich niemand getraut, das denkmalgeschützte Haus zu übernehmen. Was mit dem Kinobetrieb passiert, weiß niemand.
Der Verkauf eines Kinos macht immer ein wenig skeptisch. Denn allzu oft geht mit dem Eigentümerwechsel auch eine andere, lukrativere Verwendung des Gebäudes einher. Zumal wenn sich das jeweilige Lichtspielhaus in einer Top-Lage befindet.
Im Fall der Torgauer „Filmbühne“ am Friedrichplatz scheint diese Befürchtung angebracht. Der Besitzer Christoph Scheungraber, der das Kino viele Jahre selbst engagiert betrieben hat, möchte es verkaufen, knüpft aber daran keine Bedingungen. 2004 hatte er die „Filmbühne“ übernommen und das Haus mit cinephiler Leidenschaft bis 2012 geführt. Heute lebt Scheungraber wieder in Hessen – und sucht händeringend einen Käufer für seine Immobilie. Egal ob mit oder ohne Kinobetrieb.
Gute Nachricht, schlechte Nachricht
Die gute Nachricht: Es gibt mögliche Investoren, die sich für das traditionsreiche Gebäude in der Innenstadt interessieren. Diese melden sich mit ihren Nutzungskonzepten entweder beim Besitzer selbst oder der Torgauer Stadtverwaltung – allerdings weitgehend geräuschlos und unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Das kann kritisch gesehen werden (Stichwort: Transparenz), ist bei diesen Verkaufsprojekten jedoch üblich.
Die schlechte Nachricht: Bislang hat sich aber noch kein Käufer gefunden, der das seit 1992 denkmalgeschützte Haus am Ende auch wirklich übernehmen wollte. Das ist in gewisser Hinsicht auch eine gute Nachricht, denn der Kino-Weiterbetrieb wird wohl bei den meisten Investoren kein Teil der neuen Nutzungspläne sein. So darf weiter gehofft werden, dass die Torgauerinnen und Torgauer dort vielleicht wieder Filme sehen können.
Darüber, warum die Interessenten wieder abgesprungen sind, kann nur spekuliert werden. Auch über die genauen Konzepte für das Kinogebäude ist offiziell nichts bekannt.
Dass die Auflagen der Denkmalschutzbehörden zu hoch angesetzt sind, kann bezweifelt werden. Das zuständige Landesamt für Denkmalpflege Sachsen in Dresden sowie die lokale Anlaufstelle, die untere Denkmalschutzbehörde des Landkreises Nordsachsen in Torgau, sind durchaus daran interessiert, für solche Projekte ihren Segen zu geben – wenn sie damit bedeutende architektonische Gebäude vor Verfall oder Abbruch retten können.
Verhüllung des Kinos – ein Aprilscherz?
Denn das im Oktober 1939 als „Theater am Friedrichplatz“ eröffnete und nach dem Krieg in „Filmbühne“ umbenannte Kino ist Teil der geschlossenen Blockrandbebauung eines wichtigen städtischen Areals. Daneben befindet sich zum Beispiel die Torgauer Geschäftsstelle der Sparkasse Leipzig. Schräg gegenüber steht das 1913 eröffnete „Central-Hotel“ (vormals: „Friedrich der Große“). Der Platz mit seinen meist um 1900 entstandenen, imposanten Gebäuden gilt zudem als gute (Wohn-)Adresse in der Stadt.
Doch das konnte die „Filmbühne“ auch nicht aus ihrem bislang zehnjährigen ‚Dornröschenschlaf’ erwecken – denn solange ist das Kino geschlossen. Als das Gebäude wegen Plänen zur Verhüllung während der „Landesgartenschau“ (LAGA) am 1. April 2022 plötzlich wieder in die Schlagzeilen kommt, reiben sich viele Torgauerinnen und Torgauer verwundert die Augen. Ein Aprilscherz?
Denn offiziell wird beispielsweise in der „Torgauer Zeitung“ in den letzten zehn Jahren (!) kein einziger größerer Artikel über das Gebäude oder über Fragen nach dessen Zukunft veröffentlicht.
Kino- und Filmmuseum Torgau
Mögliche Antworten gibt nur Wochen später ein – wenn auch idealistisches – Nutzungskonzept, das ein „Kino- und Filmmuseum Torgau“ in dem Gebäude sieht. Zwar wird die Rettung des denkmalgeschützten Kinos allgemein begrüßt, doch das inhaltliche Konzept mache eben keine Aussagen zu einer wirtschaftlichen Tragfähigkeit, so die berechtigte Kritik.
Dabei wollte und will das Museums-Konzept die „Filmbühne“ vor allem wieder auf die Tagesordnung bringen. Vergleichbar sind diese Bemühungen mit der „Konzeption zur Bewirtschaftung des Strandbades Torgau“, das zuletzt in der Stadtratssitzung vom 6. April 2022 vorgestellt wird.
Was Strandbad und Filmbühne verbindet
Zum Hintergrund: Seit 1994 ist dort kein Badebetrieb mehr möglich. Zudem ist die Gaststätte des Strandbades wegen Baufälligkeit geschlossen. Ein privater Investor fand sich bislang nicht.
Deshalb ergriff der Verein „Torgau Kultur e.V.“ im Jahr 2021 die Initiative mit dem Konzept „Stadtstrand“: 500 Tonnen Sand wurden angekarrt und etliche Palmen aufgestellt, damit sich die Gäste in Liegestühlen oder Strandkörben mit Cocktail oder Bier entspannen und sonnen können. Ostsee-Feeling in Torgau.
Der zusätzliche Effekt sei, dass es mit dem „Stadtstrand“ einfacher werde, auf mögliche Investoren zuzugehen – „mit einem Modell, das im Ansatz schon funktioniert und einen Gedanken für Umsatz mitliefern kann“, sagte Oberbürgermeisterin Romina Barth auf der damaligen Stadtratssitzung.
Freilich ist die Idee „Kino- und Filmmuseum Torgau“ nicht vollends mit dem Projekt „Stadtstrand“ vergleichbar – vor allem auch, weil ein Museums-Konzept ja keinen Umsatz liefert und eher (Förder-)Geld kostet. Gleichwohl ist es ein Versuch, für ein denkmalgeschütztes Gebäude wie die „Filmbühne“ eine mögliche Lösung zu finden. Das geschlossene „Lichtspieltheater der Jugend“ in Frankfurt/Oder, das bald wieder als Museum eröffnet, macht das gerade eindrucksvoll vor. Lesen Sie hier, was dahinter steckt.
Verwendete Quelle: Torgau TV: Stadtratssitzung vom 6.4.2022 (abgerufen: 25.7.2022)
Headerfoto: Filmbühne (links) am Martha-Brautzsch-Platz (heute: Friedrichplatz) mit dem Gebäude der Kreissparkasse Torgau und dem Mahnmal der VVN (Aufnahme: 1968) / Quelle: PGH Film und Bild/Berlin/Manfred und Erdmute Bräunlich/Privat