Sie gehören zur Weihnachtszeit wie Tannenbaum und Christstollen: Märchenfilme. Auch die „Filmbühne“ zeigte rund um die Feiertage „Schneewittchen“ und Co. Sogar der Weihnachtsmann schaute regelmäßig im Kinosaal vorbei.
Das staatliche Fernsehprogramm im Osten mit seinen zwei Sendern DDR I und DDR II war relativ überschaubar. Wer Glück hatte, konnte auf seinem RFT-Fernsehgerät – die Abkürzung stand für Rundfunk- und Fernmelde-Technik – in den späten 1970er- und frühen 1980er-Jahren noch Westsender wie ARD, ZDF oder ein drittes Programm empfangen. Privatsender gab es noch nicht.
Und obgleich das DDR-Kinderfernsehen zum festen Bestandteil des TV-Programms gehörte, stand beim jüngsten Publikum das Kino in der Beliebtheitsskala dennoch ganz weit oben. Es war ein Stück bunte, spannende und fantasievolle Abwechslung, zu der beispielsweise die sonntägliche, um 10 Uhr stattfindende Kindervorstellung oder bestimmte Sonderveranstaltungen zählten.
Vor der Bescherung: Märchen im Kino
So gehörte in der Filmbühne am Torgauer Martha-Brautzsch-Platz (heute: Friedrichplatz) der Besuch des Weihnachtsmanns im Dezember zum festen Ritual. Das zeigt ein stichprobenhafter Blick in die „Leipziger Volkszeitung“ (LVZ) aus den Jahren 1979 bis 1981. Auf den täglichen „Aus dem Kreis Torgau“-Seiten steht, dass der ‚Bärtige’ mehrmals in einer ‚Saison’ das Kinopublikum besuchte.
1979 schneite er sowohl am 23. (15 Uhr) als auch am 24. Dezember (13 Uhr) in den Kinosaal der Filmbühne und eröffnete einen „Weihnachtsnachmittag“ (13.20 Uhr). Sicher verteilte er dabei auch kleine Geschenke und Überraschungen an die Kinderschar. Der Vorteil: Deren Eltern hatten zu Hause derweil genügend Zeit, die Bescherung vorzubereiten.
Ein ähnliches Prozedere lief auch in den darauffolgenden Jahren am 26. Dezember 1980 und am 24. Dezember 1981 ab. Laut LVZ soll der Weihnachtsmann 1981 sogar gemeinsam mit Torgauer Kindern durch die Stadt vom Markt bis zur Filmbühne gezogen sein, „wo für alle Kleinen ein Märchen über die Leinwand flimmer[te]“.
Filmbühne: „Weihnachtsmärchen-Filmwoche“
Ein Jahr zuvor, 1980, wurde in einer großen LVZ-Anzeige tatsächlich eine „Weihnachtsmärchen-Filmwoche“ beworben. Diese fand vom 26. Dezember bis 31. Dezember 1980 statt und begann jeweils um 10 Uhr. Das Besondere: Es gab dafür eine aufklappbare Sammelkarte (etwa 10 mal 15 Zentimeter) für 1,50 Mark, in der sowohl die Termine als auch die Eintrittskarten zum Abreißen gedruckt waren.
Zu den damals gezeigten Märchenfilmen gehörten die beiden DEFA-Klassiker „Schneewittchen“ (1961) und „Das singende, klingende Bäumchen“ (1957), der sowjetische Märchenfilm „Die schöne Wassilissa“ (1939), der tschechoslowakische Streifen „Der Prinz und der Abendstern“ (1979) mit „Aschenbrödel“ Libuše Šafránková sowie der DDR-Puppentrickfilm „Das Waldhaus“ (1966). An einem Tag organisierte die Filmbühne zudem eine „Kinderzauberschau“ und lud dafür zwei Artisten ein.
„Jugendfilmwoche“: Terence Hill, Gojko Mitić, Louis de Funès
Aber was machte die große Schwester oder der große Bruder, wenn der oder die ‚Kleene’ einen Märchenfilm in der Filmbühne guckte? Sie freuten sich vielleicht auf die parallel stattfindende „Jugendfilmwoche“ täglich ab 15 Uhr.
Im Programm vom 26. bis 31. Dezember 1980 waren die Terence-Hill-Westernparodie „Mein Name ist Nobody“ (1973), der Gojko-Mitić-Film „Die Söhne der großen Bärin“ (1966) oder die französische Filmkomödie „Scharfe Kurven für Madame“ (1966) mit Louis de Funès in der Hauptrolle – die in der DDR allerdings mit herausgeschnittenen Szenen und unter dem jugendfreien Titel „Das große Restaurant“ („Le grand restaurant“) lief. Doch das ist schon wieder eine neue Geschichte.
Besonderer Dank für die Unterstützung während der Recherche an Isabel Peuker (Stadtarchiv Torgau).
Verwendete Quellen:
- Leipziger Volkszeitung. Aus dem Kreis Torgau, 22./23.12.1979, S. 8.
- Leipziger Volkszeitung. Aus dem Kreis Torgau, 19. 12.1980, S. 7.
- Leipziger Volkszeitung. Aus dem Kreis Torgau, 20./21.12.1980, S. 7.
- Leipziger Volkszeitung. Aus dem Kreis Torgau, 22.12.1981, S. 7/8.
Headerfoto: Schneewittchen (DDR 1961): Die Titelfigur (Doris Weikow) inmitten der sieben Zwerge / Foto: IMAGO/United Archives Entertainment