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Frühlingssinfonie (BRD/DDR/AT/CH 1983)

Markt in Torgau mit dem Haus Nummer 11 (Mitte) / Foto: Ron Schlesinger

Als der westdeutsche Regisseur Peter Schamoni (1934–2011) am 4. November 1983 zur Premiere von „Frühlingssinfonie“ nach Ost-Berlin kommt, nennt er die Zusammenarbeit mit der DDR „ungemein befriedigend“ und fügt hinzu: „Ich hätte diesen Film ohne die DEFA nicht machen können“ (Neue Zeit, 8.11.1983). Hierbei denkt Schamoni vor allem an Alfred Hirschmeier (1931–1996), einen der wichtigsten DDR-Filmarchitekten, den er sich von der Deutsche Film AG (kurz: DEFA) ‚ausleiht’ und der die Drehorte gekonnt in Szene setzt. Die Bau-Ausführungen übernehmen Dietmar H. Suhr und Gisela Schultze (1935–2013).

Dem Drehstart gehen allerdings langwierige Verhandlungen zwischen Ost und West voraus. Am Ende geben die DDR-Filmfunktionäre der Koproduktion grünes Licht. Schamoni will die Künstlerbiografie um den Komponisten Robert Schumann (1810–1856) und die Pianistin Clara Wieck (1819–1896) möglichst an Originalschauplätzen drehen, wie zum Beispiel Zwickau – dem Geburtsort Schumanns – und vor allem Leipzig. Hier wohnt der Komponist der „Frühlingssinfonie“ von 1830–1833 im Haus von Clara Wiecks Vater: dem Klavierpädagogen Friedrich Wieck (1785–1873).

Torgauer Markt wird 1982 zum Drehort

Das Gebäude befindet sich ursprünglich in der Leipziger Reichsstraße/Ecke Grimmaische Straße, wird aber Anfang des 20. Jahrhunderts abgebrochen. Die Location Scouts der DEFA werden in Torgau fündig und finden den perfekten (Ersatz-)Drehort am frisch sanierten Marktplatz.

Am Haus mit der Nummer 11 wird im Spätsommer 1982 in weißen Buchstaben der Schriftzug „Musikalien · Pianos · Friedrich Wieck“ angebracht. Kameramann Gerard Vandenberg (1932–1999) dreht viele Außenaufnahmen vor dem Haus mit seinen halbrunden großen Schaufenstern.

Dass ein Filmteam in der Stadt ist, spricht sich schnell herum. Einige Torgauerinnen und Torgauer – zumeist Kinder – schauen gespannt dem Treiben auf dem zum Teil abgesperrten Marktplatz zu. Denn so etwas passiert in Torgau auch nicht alle Tage. Sogar die „Leipziger Volkszeitung“ berichtet auf ihren täglich erscheinenden Torgau-Lokalseiten über die Dreharbeiten.

Kutsche fährt über die Schlossbrücke

Auf den fertigen Filmaufnahmen sind angrenzende Straßen, wie die damals noch unsanierte Schlossstraße, und ein Teil des Marktplatzes zu sehen, auch die Apotheke – in deren Richtung Robert Schumann (Herbert Grönemeyer, *1956) rennt, als er eine Kutsche einholen will.

Schlossstraße in Torgau / Foto: olga meier-sander/pixelio.de

In ihr sitzen Clara (Nastassja Kinski, *1961) und Friedrich Wieck (Rolf Hoppe, 1930–2018), die gerade zu einer Konzertreise aufbrechen. Dabei setzt die Kamera auch Schloss Hartenfels in Torgau in Szene. So fährt die Kutsche über die pittoreske Schlossbrücke nebst Bärengraben; die Kamera zeigt währenddessen das imposante Schlossportal mit Wappen.

Stadtführung, Ausstellung, Kaffeesorte

2019 bietet das Torgau-Informations-Center (TIC) eine einstündige Stadtführung mit dem Titel „Torgau – ein Drehort der ‚Frühlingssinfonie’“ an. Dabei erfahren Einheimische und Touristen Wissenswertes rund um die damaligen Dreharbeiten.

Schloss Hartenfels mit kurfürstlich-sächsischem Wappen / Foto: poldy/pixelio.de

Im selben Jahr startet im Priesterhaus (Katharinenstraße 8), das zum Stadt- und Kulturgeschichtlichen Museum Torgau gehört, eine kleine, aber feine Sonderausstellung mit dem Titel „Frühlingssinfonie in Torgau: Eine bewegende Liebesgeschichte“. Anlass ist seinerzeit der 200. Geburtstag von Clara Wieck.

Und dass man Musik nicht nur hören, sondern auch schmecken kann, beweist seit Kurzem die Torgauer Rösterei Arabica (Bäckerstraße 5) mit der Kaffeesorte „Torgauer Frühlingssinfonie“. Das würde vielleicht auch Robert Schumann freuen, der bekanntlich regelmäßig das Leipziger Kaffeehaus „Zum Arabischen Coffe Baum“ (Kleine Fleischergasse 4) besuchte.

Film: „Frühlingssinfonie“ (BRD/DDR/AT/CH, 1983, Regie: Peter Schamoni).

Filmausschnitte: Hier klicken

Drehorte: u. a.

  • Fleischmarkt, 04860 Torgau
  • Markt 11, 04860 Torgau
  • Schlossbrücke mit Bärengraben, Schlossstraße 27, 04860 Torgau
  • Schlossstraße, 04860 Torgau

Verwendete Quellen:

Ausstellung: Frühlingssinfonie in Torgau – Eine bewegende Liebesgeschichte. In: Elbland24 (abgerufen: 12.5.2022)

Frühlingssinfonie (BRD/DDR/AT/CH 1983). In: Filmportal (abgerufen: 11.5.2022)

H. U.: Künstlerschicksal der Spätromantik. Filmpremiere: Frühlingssinfonie. In: Neue Zeit. Zentralorgan der Christlich-Demokratischen Union Deutschlands 39 (1983), Nr. 263, 8.11.1983, S. 4.

Hunfeld, Frauke: Frühlingssinfonie. Materialien zu einem Film von Peter Schamoni. Duisburg, 1987.

Laux, Karl: Robert Schumann. Leipzig, 1972.

Schlesinger, Ron: Drehort Torgau. Märchenklassiker, Grönemeyer-Film, Jugendwerkhof-Drama. In: Märchen im Film (erstellt: 27.5.2015, abgerufen: 11.5.2022)

Selliers Hof Ecke Grimmaische/Reichsstraße: Zeichnung. In: Europeana (abgerufen: 12.5.2022)

Stadtführung: Torgau – ein Drehort der Frühlingssinfonie. In: Torgau-Informations-Center (TIC) (abgerufen: 12.5.2022)

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